Suizid im Alter
Schwerpunktthema der TelefonSeelsorge Lübeck in 2010
Die TelefonSeelsorge in Lübeck will sich in diesem Jahr verstärkt um ältere Menschen kümmern. Mit dem neuen Slogan „Sorgen kann man teilen“ wirbt sie für Menschen, die über 60 Jahre alt sind.
In Deutschland scheiden Jahr für Jahr mehrere tausend ältere Menschen durch Selbsttötung aus dem Leben. Fast alle zwei Stunden legt ein Mensch über 60 Jahre Hand an sich. „Am liebsten wäre ich tot“ hören die Mitarbeiterinnen der TelefonSeelsorge von Menschen, die im Alter durch den Tod des Ehepartners allein zurückgeblieben sind oder von Menschen, die ins Heim kommen. Wenn das Leben nicht mehr bewältigt werden kann, wenn durch zunehmende Untätigkeit über Jahrzehnte verdrängter Schmerz wieder ins Bewusstsein steigt, wenn Aufstehen und Anziehen zu unlösbaren Problemen werden, machen sie Ernst mit ihren Phantasien. Dabei ist die Dunkelziffer noch um vielfaches höher: auch wenn lebensnotwendige Medikamente nicht mehr genommen und Essen und Trinken eingestellt wird, spielt Suizidalität häufig eine Rolle.
Aufmerksam machen auf die Lebenssituationen älterer Menschen
Die TelefonSeelsorge Lübeck will mit diesem Schwerpunktthema an die Öffentlichkeit treten, um zu sensibilisieren und aufmerksam zu machen auf die Lebenssituation älterer Menschen, die sich, von allen verlassen, in einer von ihnen als aussichtslos erlebten Situation fühlen.
Das negative Altersbild der Gesellschaft ins Bewusstsein bringen
Denn reagiert die Öffentlichkeit bei Suiziden von jungen Menschen oder Menschen, die sich in der Mitte des Lebens befinden, mit großer Betroffenheit, wird der Suizid im Alter doch eher hingenommen. Das mag an dem negativen Bild von Alter liegen, das in unserer Gesellschaft vorherrscht. Denn die Lebenserfahrungen der älteren Menschen sind kaum gefragt, ihre Krankheiten gelten als negativer Kostenfaktor.
Unterstützen darin, ein sinnvolles Leben zu führen
Die allermeisten Menschen führen auch im Alter ein selbständiges und erfülltes Leben. Doch brauchen sie Unterstützung, neuen Lebensmut zu schöpfen, wenn sie aus Verzweiflung, Einsamkeit und Angst daran denken, ihr Leben zu beenden.
Die TelefonSeelsorge will mit mehreren Maßnahmen, die nach den Sommerferien beginnen, helfen:
- einer Plakat-Aktion im gesamten Einzugsgebiet der TelefonSeelsorge Lübeck – das von Fehmarn bis nach Lauenburg an der Elbe reicht
- dem Versenden von Info-Material an viele Alten – und Pflegeeinrichtungen, Altenclubs, Senioren-Treffs etc..
- Vorträgen zu Suizidprävention im Alter und über die Arbeit der TelefonSeelsorge
- einem Pressegespräch vor dem Welt-Suizidpräventionstag am 10. September, in dem über Hintergründe und Tendenzen, auch und besonders in der Lübecker Region und den umgebenden Landkreisen informiert wird.
Vor fast 50 Jahren ist die TelefonSeelsorge in Lübeck eingerichtet worden, um Selbsttötungen zu verhindern. Wie auch andere Beratungsstellen machen wir die Erfahrung, dass sich alte Menschen mit ihrer inneren Not und ihren Selbstttötungs – Absichten jedoch nicht so häufig an Institutionen wenden wie jüngere Menschen.
Vielleicht können Sie, liebe Leserein, lieber Leser, ihnen weitersagen, dass die TelefonSeelsorge für alle da ist, rund um die Uhr und an jedem Tag im Jahr. Mit uns können sie über ihre Ängste und ihre Verzweiflung sprechen. Wir versuchen zu verstehen und verurteilen nicht. Sorgen kann man teilen. Diese Erfahrung wünschen wir den alten Menschen, die bisher mit ihrem Kummer allein geblieben sind. Und manchmal lässt sich ein Weg aus der Dunkelheit ins Licht zurückfinden.