TelefonSeelsorge Lübeck
- In 2017 haben 82 ehrenamtliche Seelsorger und Seelsorgerinnen den Dienst am Telefon mit durchschnittlich je 10 Stunden pro Monat den 24-Stundendienst sichergestellt. Ausgeschieden sind über das Jahr 4 Ehrenamtliche aus unterschiedlichen persönlichen Gründen. 12 „frisch gebackene“ Seelsorger sind Anfang November feierlich in ihr Ehrenamt eingeführt worden und unterstützen nun tatkräftig. Zwei SeelsorgerInnen, die mehr als 20 Jahre dabei sind, wurde im Rahmen des Gottesdienstes herzlich gedankt und mit dem „silbernen Kronenkreuz der Diakonie“ geehrt. Die Ansprache hielt in diesem Jahr Björn Engholm, der uns mit „seinem Lutherbild“- einer persönlichen Auseinandersetzung mit einigen Schriften Luthers – überrascht und hingerissen hat. Eine neue Ausbildungsgruppe mit 9 hochmotivierten Frauen und Männern hat Anfang November begonnen.
- Durch das hohe Engagement und die Selbstverantwortung der Mitarbeitenden konnten zusätzlich zur 24-Stunden -Besetzung an Leitung 1 parallel an Leitung 2 weitere 300 Dienste besetzt werden.
- Auch an den Feiertagen dieses Jahres – die kommenden Tage zwischen dem 24. Dezember und 1. Januar sind durchweg schon besetzt – konnten wir dank der 24-Stunden-Präsenz Menschen gut begleiten und erfahren dafür Dank und Anerkennung .
- Die TS-Stelle Lübeck hat einen Einzugsbereich, der im ostholsteinischen Bereich Fehmarn umfasst, eine Grenze zwischen Plön und Preetz bis in den „Speckgürtel“ Hamburgs zieht und an der „grünen Grenze“ entlang – also das ganze Herzogtum Lauenburg umfassend – wieder zurück nach Lübeck geht. 26 unserer Mitarbeitenden kommen aus diesem Einzugsbereich und nehmen lange Wegstrecken in Kauf, um bei der TS Lübeck mitarbeiten zu können.
- Wir konnten in diesem Jahr ca. 18.500 telefonische Kontakte zählen. Damit sind die absoluten Zahlen im Vergleich zu den letzten Jahren zurückgegangen. Wir sind aber froh darüber, dass die Zahl der seelsorgerlichen Gespräche, die im Schnitt deutlich länger waren, tatsächlich angestiegen. Missbräuchliche Anrufe sind weniger geworden. Wir sehen daran, dass sich sowohl die bundesweite Verteilung der Handy- Anrufe auf die Regionen wie auch die Zusammenarbeit der Stellen vor Ort bewähren. Wer aus dem Bereich Schleswig-Holstein/ Hamburg anruft, wird zunächst zur TS-Stelle geschaltet, in deren Einzugsbereich er liegt. Ist dort besetzt, wird der Anruf weitergeschaltet zu einer der anderen TS-Stellen Hamburg, Kiel oder Sylt. Dadurch können fast alle Anrufenden standortbezogen zur jeweils nächsten Telefonseelsorgestelle verbunden werden. Das erlaubt eine
sinnvollere Begleitung der Ratsuchenden gerade dann, wenn es darum geht, sie das psychosoziale Netz in ihrer Umgebung weiter zu verweisen. Eine weitere technische Neuerung verbessert die Qualität der Gespräche für die Anrufenden und die SeelsorgerInnen: hat eine Person gerade ein Seelsorgegespräch geführt und ruft innerhalb einer bestimmten Frist ein zweites Mal an, wird sie ausschließlich mit der Stelle verbunden, mit der sie auch beim ersten Kontakt gesprochen hat. Das ermöglicht de Seelsorgern konkret nachzufragen, was noch offen ist vom ersten Gespräch und zu klären, warum die Person so kurzfristig eine zweites Mal anruft. Nicht wenige, die sich angewöhnt hatten, nochmal oder mehrmals am Tag anzurufen, um zu sehen, mit wem sie denn jetzt verbunden
sind und ob sich eventuell ein anderer Gesprächsverlauf ergibt, müssen jetzt zur Kenntnis nehmen, dass diese „Reise von TS-Stelle zu TS-Stelle“ so nicht mehr funktioniert. Damit wird die TelefonSeelsorge zugleich wieder erreichbarer für die Menschen, die in einer aktuellen Krise ein Gespräch suchen und/oder zum ersten Mal anrufen. Zum Handy greifen übrigens unsere regelmäßigen Anrufenden, die wir nun gezielter betreuen und in ihrem Anrufverhalten beschränken können; zum Handy greift aber auch der Fünfjährige, dessen Eltern ausgegangen sind, die TS-Nummer für den Fall gespeichert haben, wenn das Kind nachts wach werden sollte; die junge Frau, der die Kündigung ihrer Lehrstelle droht, weil ihre Borderline-Erkrankung bekannt wurde; zum Telefon greift die über 90jährige, die seit einiger Zeit ungewollt im Seniorenwohnheim lebt, vor Heimweh nicht schlafen kann. Die Mittfünfzigerin, die nach 30jähriger Ehe von ihrem Mann verlassen wurde, nicht weiß, wie sie die Trennung und die finanziellen Belastungen ertragen kann; die Frau, vor Jahren von Verwandten sexuell missbraucht, keinen Anspruch auf weitere Therapien hat und sich schwertut, beruflich Fuß zu fassen; der ältere
alkoholisierte Mann, der als Quartalstrinker schon viele Entzüge hinter sich hat, aber immer wieder am Leben scheitert und rückfällig wird. Gespräche um Einsamkeit, Selbstbefindlichkeit, und Alltagsbeziehungen bilden weiterhin den größten thematischen Bereich, auch Stress wurde häufiger genannt. Migration hingegen und Flüchtlinge waren fast nie das Thema der Gespräche. - Leider haben in den letzten Jahren viel zu viele Menschen erlebt, dass ein Kontakt nicht sofort zustande kommt. Oftmals waren die Leitungen besetzt, so dass mehrere Versuche notwendig waren.
Darum wird das Jahr 2018 von intensiver Werbung in unserem Einzugsbereich bestimmt sein. Wir möchten Menschen – gerade auch diejenigen, die sich in einer aktuellen Krise nicht mehr getraut haben, anzurufen, weil es zu schmerzlich war, kein Gehör zu finden – ermutigen, anzurufen. Wir sind wieder besser erreichbar: für Menschen, die mit Trennungen oder Verlust durch Tod klar kommen
müssen, die mit Erkrankungen leben, die arbeits-oder wohnungslos geworden sind, einsam sind, des – für sie unerträglichen – Lebens müde geworden sind. - In diesem Jahr besteht unsere TS-Stelle seit 56 Jahren. Was zu Beginn des Jahres 2017 neu eingeführt wurde, um Mitarbeitenden für ihre geplanten Dienste mehr Flexibilität zu ermöglichen, ist der 2-Stunden-Takt am Telefon anstatt des 4-Stunden-Dienstes. Mitarbeitende von außerhalb können so auch gern mal 6 Stunden am Telefon sitzen; Ehrenamtliche, die grad in der Stadt sind,
online schauen, ob sie 2 Stunden Dienst an Leitung 2 machen wollen. Bislang ist die neue Möglichkeit noch in der Projektphase, scheint sich aber zu bewähren. - Nicht nur der Zuschnitt der Dienstschichten, auch die Anzahl der Supervisionssitzungen der ehrenamtlich Mitarbeitenden wurde verändert. Der 14tägige Takt wurde auf einen dreiwöchentlichen verschoben – im Interesse vieler Mitarbeiter, die über die zu hohe Taktung klagten. Nun gibt es für jede der neun Gruppen 14 eineinhalbstündige Sitzungen im Jahr, in denen direkte Fallbesprechung stattfindet. Das Interesse an Austausch, Information und Fortbildung wird in die neu installierten alle zwei Monate stattfindenden Jour fixes verlegt. In den zweistündigen Begegnungen findet Austausch zwischen Leitung und Ehrenamtlichen statt, das gemeinsame Besprechen bestimmter Anrufergruppen, Fortbildung oder das Kennenlernen für den Dienst am Telefon relevanter Einrichtungen wie Kindernotruf, Jugendamt oder den psychiatrischen Dienst der Uniklinik.
- Zum Internationalen Tag des Ehrenamtes am 5. Dezember Was steht zum Thema Ehrenamt in der Bibel? Etwas Verblüffendes: vor 3000 Jahren scheint es nur Ehrenämter gegeben zu haben! Richter, Propheten, sogar ein König- niemals ist da von deren Gehalt die Rede. Man wird berufen, auserwählt, das ist eine große – Ehre. Die Einzigen, über deren Besoldung etwas vereinbart wird, sind die Priester. Ein freier Mensch tut etwas, weil es getan werden muss. Weil er die Begabung dafür hat. Weil andere es ihm zutrauen. Aber nicht, weil er dafür einen Lohn bekommt. Das blieb viele, viele Jahrhunderte so. Wer sich ehrenamtlich engagiert, der tut nicht nur einen wichtigen Dienst für die Gemeinschaft, sondern auch für sich selbst: Er spürt das herrliche Gefühl, ein freier Mensch zu sein. Allerdings erfordert die Ehre dazuzugehören auch eine beträchtliche Investition: nämlich Selbstverantwortung und Verbindlichkeit. In der TelefonSeelsorge ist beides Grundlage einer guten Sozialgemeinschaft und eines funktionierenden Dienstplanes. – Ein Dankeschön an all die „freien Menschen“ unter uns!
Förderverein
Der FV hatte gemeinsam mit der TelefonSeelsorge zu verschiedenen öffentlichen Veranstaltungen eingeladen bzw. den Ehrenamtlichen der TS die Fortbildungen finanziert. *Mehrfach wurde Pastorin Böhrk-Martin gebeten, noch einmal das Jahresthema 2016 aufzugreifen und Vorträge zum Thema „Einsamkeit: zieh den Kreis nicht zu klein“! zu halten: das „Forum Ehrenamt“ des Kirchenkreises Lübeck-Lauenburg bat darum ebenso wie die Seniorenakademie, Altenclubs und verschiedene Kirchengemeinden. Auch Gottesdienste zum Thema „Einsamkeit“ wurden angefragt und gehalten.
- gesponsert hat der Förderverein eine Fortbildungsfahrt mit kleiner Eigenbeteiligung zwölf ehrenamtlicher Seelsorger/innen zur DOCUMENTA nach Kassel: Was können wir lernen aus der einstigen misslungenen Missionierung der „Eingeborenen“? Auch wir bieten komplementäre Beziehungen an, aber doch mit Anrufenden „symmetrisch“ auf Augenhöhe sprechen…..
- im August hat der Förderverein anlässlich des Weltsuizidpräventionstages zur Lesung in die Essigfabrik eingeladen: mit dem „Depressionisten Herrn Bock“, der sich auf angenehme Weise mit dem schwierigen Thema Depression auseinandersetzte : reflektierend, tiefgründig, erkundend, suchend, liebend und ehrlich“— der Abend war mit an die 60 Teilnehmenden ein voller Erfolg!
- weniger von Erfolg gekrönt war eine groß angelegte Werbekampagne für neue Mitglieder unseres Vereins. Weder der neu und einladend gestaltete Flyer noch die neue homepage konnten locken…..doch der Förderverein hat ab 2017 eine eigenständigen Internet-Auftritt!!! Schauen Sie doch gern mal hinein: www.foerderverein-telefonseelsorge-luebeck.de und wenn Sie mögen, geben Sie gern ein Statement ab, weshalb auch Sie die TelefonSeelsorge unterstützenswert finden- und lassen Sie sich „verlinken!“
Und noch etwas von der Bundesebene TelefonSeelsorge:
Ja, es geht immer weiter voran…… Und auch eine neu aufgelegte Zeitschrift über die Arbeit der TelefonSeelsorge gibt es: mit dem passenden Namen 24/7: an 7 Tagen in der Woche 24 Stunden besetzt… Sie kann übrigens auch von jedem Nicht-TelefonSeelsorger ins Abo genommen werden!)